Eine besondere „PARTI“ gab es kürzlich in der Kinder- und Jugendhilfe „Haus Carl Sonnenschein in Fritzlar. Im letzten Jahr hieß das Zusammentreffen noch „Kindergipfel“. Kinder und Jugendliche haben jedoch gemeinsam nach einem neuen Begriff gesucht, denn neben Kindern nehmen auch Jugendliche und junge Erwachsene an diesem Gipfel teil.
Agneaudi, 15 Jahre, begeistert während des PARTI-Gipfels in der Kinder- und Jugendhilfe mit einer Rapp-Einlage.
Foto Kinder und Jugendhilfe HCS
Es war die 10-jährige Lisa, die während eines Vorbereitungstreffens auf die Idee kam, die Veranstaltung in „PARTI-Gipfel“ umzubenennen.
Das Wortspiel PARTI steht als Abkürzung für Partizipation, zu deutsch: Beteiligung, soll aber auch den Spaß aller Teilnehmer an der Zusammenkunft deutlich machen und assoziiert in Richtung „Party“.
Der „PARTI-Gipfel“ ist eine Veranstaltung des Heimrates im Haus „Carl Sonnenschein“. – Und die Änderungen gehen auch gleich weiter: Auf Zuruf und Abstimmung wird im Gipfel ein neuer Name für den Heimrat gesucht. Er heiß ab sofort „KiJu-Treff“, wobei KiJu für Kinder und Jugendliche steht.
Knapp 100 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind der Einladung zur PARTI gefolgt. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch mit dabei. Als Ehrengäste sind Tassia Walter, Ombudsstelle für Kinder- und Jugendlichenrechte in Hessen, Dr. Christian Peter; aus dem Hessischen Sozialministerium, Referatsleitung Landesjugendamt, Vorstand Malte Crome und Ressortleitung Alfred Heil, als Trägervertreter des Caritasverbandes für die Diözese Fulda, anwesend.
Musikalischer Höhepunkt am Anfang und Ende ist eine Rapp-Einlage des 15-jährigen Agneaudi mit dem gleichaltrigen Diskjockey Justus - die Performance ist professionell, was von Allen mit lautem Applaus bekräftigt wird.
In imposanter und absolut selbstsicherer Weise berichteten die Kinder und Jugendlichen von den Aktivitäten des letzten Jahres. Höhepunkte waren der UN-Dialog zur Kinderrechtskonvention in Genf, der 18-jährige Obeit war zusammen mit neun anderen Kindern und Jugendlichen aus ganz Deutschland in Genf und hat berichtet, welche Kinderrechte noch nicht umgesetzt sind. Die 18-jährige Christ Danny erinnert an das regionale Vorbereitungstreffen zum UN-Dialog im Herbst letzten Jahres. Für sie als Flüchtling aus der Demokratischen Republik Kongo in Zentralafrika sind es die Forderungen nach Asyl und Integration, die sie beschäftigen. Der 15-jährige Curtis berichtet von der Kulturfahrt nach Berlin und dem Besuch des Deutschen Jugendhilfetages. Mafanta, 17 Jahre, war auf der Ronneburg, wo sich einmal im Jahr Kinder und Jugendliche aus ganz Hessen zusammenfinden und darüber berichten, wie mit ihren Rechten, aber auch Pflichten in Einrichtungen umgegangen wird.
Skulptur eines Wegweisers
Foto Kinder und Jugendhilfe HCS
Antonia, elf Jahre, Gina-Marie, zwölf Jahre, Melat, zehn Jahre, stellen sich namentlich vor und sagen, wo sie wohnen, fordern zur Mitarbeit auf und teilen mit, dass sich die Kinder und Jugendlichen jeden ersten Dienstag im Monat gemeinsam mit den beiden BeraterInnen Carla Schelenz und Marius Isermann treffen.
Tassia Walter, Dr. Christian Peter und Malte Crome stellen sich vor und unterstützen ausdrücklich die Forderungen der Kinder und Jugendlichen, nach Einhaltung der in der UN-Kinderrechtskonvention formulierten Kinderrechte. Die Ehrengäste sind Bündnispartner und signalisieren, dass sie angesprochen werden können, wenn etwas „aus dem Gleis läuft“.
Die beiden Vertrauenserzieherinnen Ira Bischoff und Selina Liebert stellen sich ebenfalls persönlich vor, sagen, wo und wie sie zu erreichen sind und stehen bei auftretenden Problemen, die nicht im unmittelbaren Umfeld zu lösen sind, beratend und schlichtend zur Verfügung.
In der Willkommens-Mappe, die jedem Kind und Jugendlichen am ersten Tag beim Ankommen im Haus „Carl Sonnenschein“ überreicht wird, wird in einer überarbeiteten Fassung genau beschrieben, bei wem und wie man sich beschweren kann. Die 17-jährige Mafanta erklärt die Neuerungen, die im Übrigen auch auf der Homepage der Kinder- und Jugendhilfe Haus „Carl Sonnenschein“ nachgelesen werden können.
Was die Kinderrechte inhaltlich im Einzelnen sind, stellt die Mitarbeiterin Melanie Stutz gemeinsam mit dem elfjährigen Karim vor. Dafür hat Melanie Stutz eine Skulptur in Form eines Wegweisers gebaut. Auf dem Wegweiser stehen Rechte, die die UN-Konvention jedem Kind garantiert. Drei Beispiele von 20: „Spielen ist meine Freizeit!“ „Meine Post öffne ich selbst!“ „Bei Entscheidungen, die mich betreffen, werde ich gefragt!“
Curtis, 15 Jahre, Mafanta, 17 Jahre und Warsama, 18 Jahre, haben gemeinsam mit der Mitarbeiterin und Vertrauenserzieherin Ira Bischoff als Dependance zu ihren verbrieften Rechten einen Verhaltenscodex erstellt, der allen präsentiert wird. In 19 Punkten wird der erstrebenswerte Umgang miteinander beschrieben. Dort steht dann u.a. „Wir beleidigen uns nicht“ – „Wir streiten uns ohne Gewalt“ – „Wir haben keine Angst, die Wahrheit zu sagen“. Der erarbeitete Verhaltenscodex erhält Applaus von Allen. Jede Gruppe erhält die Spielregeln in Schriftform und kann sie aushängen.
Alle waren sich einig, der „PARTI-Gipfel“ war von den Kindern und Jugendlichen gut vorbereitet, hat Spaß gemacht und wird in 2015 erneut veranstaltet.
Folgender Verhaltenscodex wurde erarbeitet:
Wie gehen wir miteinander um?
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Wir schlagen uns nicht
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Wir beleidigen uns nicht
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Respektvoller Umgang zwischen Betreuer untereinander, Kinder und Betreuer untereinander, Kinder untereinander
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Wir akzeptieren andere Meinungen
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Wir lassen andere Ausreden
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Wir respektieren Fremdes Eigentum
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Wir halten in der Gruppe zusammen
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Die Kinder, Jugendlichen und Betreuer halten sich an die Gruppenregeln
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Wir hören einander zu
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Wir sind uns gegenseitig Ehrlich, also reden nicht hinterm Rücken (lästern)
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Wir lachen und provozieren uns nicht
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Wir sind gegenseitig Hilfsbereit
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Wir haben keine Angst die Wahrheit zu sagen
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Wenn wir oder andere sich streiten Erzieher holen
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Wir streiten uns ohne Gewalt
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Wir fassen uns gegenseitig nicht an ohne dessen Einverständnis
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Wir akzeptieren ein „Nein“ (auch Betreuer)
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Wir bedrohen uns nicht
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Wir diskriminieren andere wegen der Religion und Hautfarbe nicht
( erarbeitet im Auftrag des Präventionsrates HCS von Mafanta, Warsama, Curtis und Ira Bischoff als Vertrauenserzieherin;
vorgestellt im PARTI-Gipfel am 3.07.2014 der Kinder- und Jugendhilfe Haus „Carl Sonnenschein“ Fritzlar)